Silja Tillner

* 1960 in Wien

Architekturstudium in Wien, Urban-Design-Studium an der UCLA in Los Angeles, USA

Projekte: Masterplanungen, Verkehrskonzepte, Brown Fields, Mixed-Use-Buildings und Revitalisierung vergessener Stadträume

Zur Person

Silja Tillner wächst in einer ökologiebewussten Familie samt Gemüsegarten und Nutztieren auf. Seit ihrer Jugend macht sie sich für die Natur stark – als 16-Jährige, indem sie sich der Anti-Zwentendorf-Bewegung anschließt und als Erwachsene, indem sie die Werte und Faktoren heutiger Stadtplanung hinterfragt und alternative, menschenwürdigere Stadt- und Mobilitätsmodelle entwickelt.

Nach ihrem Architekturstudium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien geht sie mit einem Fulbright-Stipendium an die UCLA in Los Angeles, wo sie Stadtplanung und Städtebau studiert und die für L.A. typischen „Spaces in-between“ erforscht. Danach arbeitet sie einige Jahre für die Community Redevelopment Agency (CRA) und leitete Stadtplanungsprojekte zur Revitalisierung von Downtown L.A.

Seit 1995 lebt sie als Architektin und Urbanistin wieder in Wien und leitet mit ihrem Partner Alfred Willinger das Architekturbüro Tillner & Willinger. 

Zur Arbeit

Silja Tillner fokussiert sich in erster Linie auf vergessene, schwierig gestaltbare Stadträume – wie etwa öffentliche Plätze, Industriebrachen und vermeintlich unattraktive Restzwickel zwischen Autobahnen und Gleisanlagen. Sie selbst bezeichnet ihre Arbeit als eine Art „Restlkochen“, bei dem sie all das verarbeitet und verwertet, was die Verkehrsplaner seit den 1960er-Jahren übriggelassen haben. Im planerischen Fachjargon wird dafür auch der Begriff „Care and Repair“ verwendet.

Für ihr erstes großes Projekt „The End of the Glendale Freeway“ in Silver Lake, Kalifornien, bei dem sie beabsichtigt, eine Autobahn-Abfahrt zurückzubauen, erhält sie mit Gruen Associates 1992 den AUIP American Institute of Urban Planning Award.

In Wien arbeitet sie neben Wohn- und Stadtquartieren vor allem an zahlreichen Teilprojekten im Bereich des Gürtels. Dazu zählen etwa die Revitalisierung der Stadtbahnbögen, die sogenannte „Skyline Spittelau“ sowie die Neugestaltung des Urban-Loritz-Platzes. Ein wesentliches Charakteristikum ihrer Projekte ist das Spiel mit Licht, Klimazonen und Verkehrsströmen. 

Urban-Loritz-Platz, Wien

Als Österreich 1995 der EU beitritt, startet die Stadt Wien die Initiative „Gürtel Plus“, mit dem die stadtplanerischen Defizite des sechs Kilometer langen Westgürtels kompensiert werden sollen. Einer der Hot Spots des EU-finanzierten Projekts ist die Neugestaltung des Urban-Loritz-Platzes.

Um das heterogene Stadtgefüge inmitten des breiten Gürtels zu fassen, entscheidet sich Silja Tillner, in die dritte Dimension vorzudringen und in die Höhe zu bauen. Auf einer Länge von knapp 140 Metern wird der verkehrstechnisch neu gestaltete Platz hoch oben mit einem weißen Membrandach überspannt und ermöglicht auf diese Weise, Bibliothek, Straßenbahn-Haltestelle- und U-Bahn-Station trockenen Fußes zu erreichen.

Was vor 25 Jahren in erster Linie als Orientierungshilfe und Witterungsschutz gedacht war, wird in der globalen Klimakrise zu einem wertvollen Schattenspender. Und trägt außerdem zum Sicherheitsgefühl der Wienerinnen und Wiener bei: Bei Dunkelheit wird die 2.000 Quadratmeter große Membrankonstruktion indirekt beleuchtet und verwandelt sich dadurch in den größten Lampenschirm der Stadt.