Kazuyo Sejima

* 1956 in Hitachi, Japan

Architekturstudium in Tokio, Japan

Projekte: Wohnbau, Museen und Bildungsbauten in Japan, Europa und den USA

Zur Person

In ihrer Kindheit hat Kazuyo Sejima einen Traumberuf: Sie will Großmutter werden und auf der Veranda sitzen. Nach der Schule beschließt sie, die Veranda ihres Hauses selbst zu entwerfen. Nachdem sie an den beiden großen staatlichen Architekturfakultäten in Tokio bei den Aufnahmeprüfungen durchfällt, inskribiert sie stattdessen Architektur an der privaten Frauenuniversität Nihon Joshi Daigaku. Bereits während ihres Studiums arbeitet sie einige Jahre im Architekturbüro von Toyo Ito.

1987 macht sie sich selbstständig und gründet schließlich 1995 gemeinsam mit ihrem Partner Ryue Nishizawa das Architekturbüro SANAA. Weltweite Bekanntheit erlangen die beiden vor allem mit ihren markanten Museen und Hochschulbauten in Europa und in den USA. Für ihre „grazilen und kraftvollen“ sowie „klaren und fließenden“ Entwürfe wird SANAA 2010 mit dem renommierten Pritzker-Preis ausgezeichnet.

Als erste Frau der Geschichte wird Kazuyo Sejima im selben Jahr zur Direktorin für die Architektur-Biennale in Venedig ernannt. Von 2015 bis 2019 war sie Professorin an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. 

Zur Arbeit

Zu Kazuyo Sejimas bekanntesten Projekten zählen das New Museum in New York, das Musée du Louvre in Lens und das Sumida Hokusai Museum in Tokio. Die wichtigsten Elemente in ihrer Arbeit sind Licht, Offenheit und der Umgang mit japanischer Bautradition.

Ähnlich zurückhaltend sind auch ihre Ansätze im öffentlichen Raum: Ihre Pavillons und Platzgestaltungen geben niemals konkrete Nutzungen vor, sondern verstehen sich als urbane Bühne für Möglichkeiten – ob das nun der Serpentine Pavillon im Londoner Hyde Park, die Grace Farms in New Canaan (USA) oder das dezentral organisierte Galerie- und Museumsnetz auf der tsunamizerstörten Insel Inu-Shima sind.

Längst ist sie nicht nur Gestalterin von Häusern und Städten, sondern auch von öffentlichen Räumen in Bewegung: Für den japanischen Zugbetreiber Seibu Railway entwirft sie 2019 den Pendlerzug „Laview“ mit riesigen Panoramafenstern bis zum Boden. Mit ihrem radikalen Minimalismus prägt Kazuyo Sejima weltweit eine ganze Generation neuer Architektinnen und Stadtplanerinnen. 

Rolex Learning Center, Lausanne, Schweiz

„Wir wollten darüber nachdenken, wie ein moderner und zeitgemäßer Universitätscampus des 21. Jahrhunderts aussehen kann“, sagt Kazuyo Sejima. Für die École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) entwirft SANAA 2010 das sogenannte Rolex Learning Center mit Bibliothek, Kantine, Café, Medienlabor sowie flexibel nutzbaren Bereichen zum selbstständigen Lernen.

Das 160 mal 120 Meter große Gebäude liegt wie eine weiche, perforierte Betonplatte am südlichen Rande des Uni-Campus. Als hätte man die Konstruktion an ein paar Stellen mit unsichtbaren Schnüren nach oben gezogen, entstehen immer wieder scheinbar schwerelose Wölbungen, die die topografische Studienlandschaft mit Treppen und Rampen zonieren.

Während im Inneren des 20.000 Quadratmeter großen Hauses die Studierenden auf weichen Teppichhügeln auf- und abwandern, entsteht unter dem Gebäude ein atemberaubender öffentlicher Platz mit Schutz von Wind und Wetter. Das Rolex Learning Center ist täglich von sieben Uhr in der Früh bis Mitternacht öffentlich zugänglich.