Emily Warren Roebling

* 1843 in Cold Spring, USA / † 1905 in Trenton, USA

Studium von Algebra, Geschichte und Astronomie in Washington, USA

Projekt: Technische Leitung und Fertigstellung der Brooklyn Bridge, New York City

Zur Person

Emily Warren Roebling wächst in Upstate New York unter prekären Umständen auf. Sie schafft es trotzdem, ein Studium zu finanzieren, und zählt damit zu den wenigen Frauen, die bereits in den 1860er-Jahren an der renommierten Georgetown Visitation Academy in Washington, D.C., im Hörsaal sitzen.

Mitten im Bürgerkrieg lernt sie ihren späteren Mann Washington Augustus Roebling kennen – den Sohn des Zivilingenieurs John Roebling, der zu dieser Zeit atemberaubende Pläne für die Brooklyn Bridge, die „greatest bridge in existence“, schmiedet. Sie steigt ins Projekt ein und übernimmt schon bald die technische Leitung.

Nach Eröffnung der Brücke 1883 macht sie sich für die Rechte der Frauen stark und kämpft fortan gegen deren Diskriminierung in den USA. Sie reist viel und trifft im Zuge ihrer Arbeit die britische Queen Victoria sowie den russischen Zar Nikolaus II. 1899 schließt sie an der New York University ihr Jurastudium ab. Dieser ungewöhnlichen und frühen Frauenkarriere widmet die Historikerin Marilyn Weigold 2019 ihre Biografie „Silent Builder“. Auf Deutsch: „Die stille Baumeisterin“. 

Zur Arbeit

Beziehung und Arbeit fließen bei Emily und ihrem Mann nahtlos ineinander über. Bald nach ihrer Hochzeit brechen die beiden nach Europa auf, um dort die Unterwasser-Bautechnik mit Senkkästen, sogenannten Caissons, zu studieren.

Durch eine Verkettung von Schicksalsschlägen – erst stirbt ihr Schwiegervater an Tuberkolose, dann erkrankt ihr Mann durch die permanente Arbeit unter Wasser an der Dekompressionskrankheit und wird blind, taub, stumm und halbseitig gelähmt – muss Emily Warren Roebling in die Bresche springen und den Bau der Brooklyn Bridge vorantreiben.

Zunächst arbeitet sie als Sekretärin ihres Mannes und kümmert sich um die Kommunikation und Koordination zwischen Krankenbett und Baustelle. Mit den Jahren übernimmt sie die Beauftragungen und Verhandlungsgespräche mit den Baufirmen sowie die gesamte technische Leitung – und wird schließlich Chef-Ingenieurin. Sie ist die erste Frau, die in die American Society of Civil Engineers aufgenommen wird – wenn auch inoffiziell und nicht als ordentliches Mitglied. 

Brooklyn Bridge, New York City

Die Brooklyn Bridge stellt in mehrfacher Hinsicht viele Rekorde auf. Nicht nur handelt es sich mit 1834 Metern um die damals längste Hängebrücke der Welt, auch der Bau der Fundamente mithilfe von Caissons, die Baumeisterarbeiten unter Wasser ermöglichen, erfolgt in so großer Tiefe unter der Wasseroberfläche wie noch nie zuvor – eine technische Premiere.

Am 24. Mai 1883, nach 14 Jahren Bauzeit, wird die Brücke feierlich eröffnet. Bei der Eröffnungsrede hebt der Abgeordnete Abram S. Hewitt die Rolle der Baumeisterin hervor: „Der Name Emily Warren Roebling wird untrennbar mit alledem verbunden sein, was in der menschlichen Natur und in der Welt der konstruktiven Kunst bewundernswert ist.“

Mit ihren 42 Meter hohen Granittürmen, ihren 40 Zentimeter dicken Stahlkabeln und ihrer eleganten Bauform wird die Brooklyn Bridge schon bald zu einer weltweit bekannten Sehenswürdigkeit – und gilt bis heute als Ikone für Kunst, Urbanismus und Bauingenieurwesen in der Hochblüte des Industriezeitalters.